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Neue Wege in Dorsten
Foto: Marco Stepniak

Neue Wege in Dorsten

Lesedauer: ca. 3 Min. | Text: Karoline Jankowski

Das größte Rad dreht sich rund um den Bahnhof. Jahrelang war das Areal ein Flickenteppich aus stillgelegten Gleisen, dunklen Ecken und Stolperkanten. Jetzt öffnet sich das Gelände als Tor zur Innenstadt.

Die Deutsche Bahn räumte verwaiste Schienen ab, die Stadt legte breite, ebenerdige Wege an, und ein neuer Osttunnel soll demnächst mit mit LED-Lichtbändern glänzen, die jede Angstecke in freundliches Weiß tauchen. Rund um den ZOB sorgen eine Radstation mit 300 Plätzen, barrierefreie Bushalteinseln und Sitzdecks aus Beton dafür, dass Umsteigen nicht mehr als notwendiges Übel, sondern als kurzer Boxenstopp wirkt. Wer Zeit hat, kann die Warteminuten auf einer der Sitzmöglichkeiten verbringen und den Blick über das frisch bepflanzte Areal schweifen lassen – oder den nahtlos angeschlossenen Grünzug entlang der Bahntrasse erkunden, der als urbaner Spazier- und Radweg das Viertel mit der Altstadt verknüpft.

BZ: Gespräch im Bürgerpark Maria Lindenhof in  Dorsten mit dem Parkbürgermeister und Trägervereinsvorsitzenden Johannes Kratz und Vereinsmitglied Heidi Göbel am 03.06.2024



Foto: Arne Pöhnert

mail@arnepoehnert.de

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Der Bürgerpark Maria Lindenort, die grüne Oase am nördlichen Innenstadtrand, ist nun ein Ort für Entspannung, Veranstaltung,
Kunst (oben rechts) oder Gespräche, wie Parkbürgermeister Hans Kratz und Heidi Göbel, Stadtteilvertreterin im Seniorenbeirat, einladend vormachen. Foto: Arne Pöhnert

Vom Durchgangs- zum Wohnort

Früher war die Altstadt eher Durchgangsraum als Wohnort. Dabei liegt genau hier ein Schatz: historische Fassaden, kurze Wege, Leben vor der Tür. Die Frage war also: Wie wird die Mitte bewohnbar? Mit dem Projekt Wir machen MITte wurde sie beherzt angegangen. Ein Handlungskonzept bildete den Auftakt – mit Ideen für barrierefreie Zugänge, seniorengerechtes Wohnen, grüne Höfe und mehr Lebensqualität im direkten Wohnumfeld. Was gelingt, wenn Stadt und Menschen gemeinsam anpacken, zeigt sich vielerorts: Das Hof- und Fassadenprogramm ließ Häuser in neuem Glanz erstrahlen. Gemeinschaftsgärten bringen Grün in ehemals graue Ecken. Und wenn auf dem Georgplatz heute Kinder spielen oder Nachbarn sich treffen, ist das Ausdruck neuer Wohnqualität mitten in der Stadt.

03.06.2025
Dorsten
Renaturierung Schölzbach im Park hinter dem Studieninstitut Emscher-Lippe 
Simon und Judith 
foto: copyright  marco stepniak  -  
mobil  +49 171 2771906 ,  marco@stepniak-bild.de
Der renaturierte Schölzbach lädt im Altstadtbereich nun zu ausgiebigen Spaziergängen ein. Foto: Marco Stepniak

Biodiversität statt Beton

Mit „Wir machen MITte“ hat sich Dorsten im besten Sinne Luft verschafft. Grün war nie Mangelware – doch die Verbindung fehlte. Parks, Wiesen und Wasserachsen rund um die Innenstadt lagen oft brach oder waren schlecht erreichbar. Ziel war es, diese Flächen ökologisch aufzuwerten, zu vernetzen und für Klima, Bewegung und Begegnung nutzbar zu machen. Am einst unscheinbaren Schölzbach laden neue Wege heute zum Flanieren ein, Sichtachsen öffnen den Blick in die Landschaft, Infostelen erzählen vom Wandel zum grünen Rückgrat. Im Freizeitpark Maria Lindenhof – jetzt offiziell Bürgerpark – wurde die große Wiese zwischen Lippe und Kanal neu gestaltet, mit Sportgeräten, Bühnenfläche und offenen Angeboten für Kunst und Kultur. Träger ist ein eigens gegründeter Parkverein – samt „Parkbürgermeister“ Hans Kratz. Das vielleicht ungewöhnlichste Projekt: das Planetenufer. Entlang des Wesel-DattelnKanals entstand ein maßstabsgetreues Sonnensystem. Vom „Stern der Mitte“ bis zum Neptun lässt sich der Kosmos Schritt für Schritt entdecken. buergerpark-maria-lindenhof.de

Treffpunkt als Taktgeber

Am Anfang stand die Frage: Wie lässt sich das soziale und kulturelle Leben in der Innenstadt so gestalten, dass sich möglichst viele Menschen gesehen und eingeladen fühlen? Die Antwort fand sich nicht nur auf dem Papier, sondern ganz praktisch – etwa im Umbau des alten Bahnhofs, dem Neustart des Jugendtreffs „Treffpunkt Altstadt“ oder dem Aufbau interkultureller Netzwerke. Was einst Stillstand symbolisierte, wurde zur Drehscheibe für urbanes Leben: Der neue Bahnhofsvorplatz lädt mit Sitzgelegenheiten, Spielgeräten und Außengastronomie zum Verweilen ein. Im Inneren beleben eine Qualifizierungs- und Ausbildungsgastronomie, Bildungsangebote und Veranstaltungsräume für Kultur und gesellschaftliches Engagement das Gebäude – ein öffentlicher Ort mit Seele. Auch der „Treffpunkt Altstadt“ wurde neu gedacht: mit gestalteten Außenanlagen, Freizeit- und Beratungsräumen sowie engeren Kooperationen mit Schulen und Vereinen. Und der Bürgerfonds machte aus Ideen Wirklichkeit. treffpunkt-altstadt.de

vlnr.:
Ute Blume (Bürgerbahnhof),
Christian Joswig (Treffpunkt Altstadt),
Bernd Lehmann (Planungs- und Umweltamt)
Drei Protagonisten präsentieren die Altstadt rund um den neu eröffneten Bürgerbahnhof als Treffpunkt: Ute Blume (Projektleiterin Dorstener Arbeit), Christian Joswig (Leitung Treffpunkt Altstadt) und Bernd Lehmann (Leitung Stadtplanungsamt). Foto: Volker Beushausen

Ob Nachbarschaftsfest oder Kunstaktion – die MITte-Konferenz entschied über die Förderung. Der Effekt: große Wirkung mit kleinen Mitteln – und eine neue Kultur der Beteiligung. Chancen schaffen, Hürden abbauen Dorsten-Mitte war geografischer Mittelpunkt, gleichzeitig auch Brennglas für aktuelle Herausforderungen: viele junge Menschen mit Migrationsgeschichte, ein hoher Anteil an Transferleistungen oder brüchige Bildungsbiografien. Was fehlte: ein tragfähiges Netz über Institutionen hinweg – eines, das auffängt und gleichzeitig Wege eröffnet. Genau das wurde geschaffen. Fünf von sechs strategischen Zielen wurden erreicht, ein weiteres fast vollständig – ein Erfolg, der auf konkreten Projekten basiert. dorstener-arbeit.de

Hinter Zahlen und Berichten stehen Gesichter und neue Perspektiven. Beispielhaft dafür: der Nachbau einer historischen Aak. Unter Anleitung von Handwerksmeistern und begleitet von Sozialpädagogen arbeiteten 42 Teilnehmende gemeinsam an dem Schiff – und erwarben dabei nicht nur handwerkliche Fähigkeiten, sondern auch Selbstvertrauen und Schlüsselkompetenzen. Die Aak liegt heute fest vertäut am Freizeitbad Atlantis – nicht nur als Ausstellungsstück, sondern als das kleinste Museum der Stadt.

Info
Bürgerbahnhof

www.buergerbahnhof-dorsten.de

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